Hildesheim: Kath. Kirche St. Godehard

Der reich inkrustierte Gipsestrichfußboden im Chor der katholischen Kirche St. Godehard ist eines von drei Zeugnissen dieser Werktechnik im 19. Jahrhundert in Niedersachsen und damit ein herausragendes Geschichtszeugnis.
In reichen Farben zeigt der Fußboden figürliche Darstellungen und Ornamentik, verbunden mit grafischen Elementen. Im Mittelpunkt befindet sich die Arche Noah mit dem Modell der Godehardikirche. Darum herum in vier Vierteln die Paradiesflüsse Euphrat, Tigris, Phison und Geon mit Gestalten, die für die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft stehen: Drache, Fisch, Löwe, Adler. Ornament- und Schriftbänder unterteilen und rahmen die Darstellungen.
Der Fußboden entstand im Zuge einer Kircheninstandsetzung der 1850er und 60er Jahre unter Conrad Wilhelm Hase. Die Ausführung des Gipsinkrustations-Fußbodens oblag dem Hildesheimer Bildhauer Friedrich Küsthardt. Bereits um 1900 wurden gravierende Schäden am Fußboden festgestellt, so dass es zu einer ersten Restaurierung durch den Sohn Friedrich Küsthardts, Helfried Küsthardt kam. 1936 erfolgte eine weitere Restaurierung durch den hannoverschen Bildhauer Friedrich Buhmann.

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Material und Werktechnik

Als Bindemittel konnten wir Hochbrandgips nachweisen. Hochbrandgips erzielt bei der Aushärtung Festigkeiten, die nahezu mit denen von Zementbindemittel vergleichbar sind. Durch Brenntechnik und Befeuerung entsteht ein inhomogener Brand mit Temperaturen zwischen 200 und 1000°C und somit ein Gemisch aus unterschiedlich stark gebranntem Gipsgestein.
Im Unterschied zu anderen Fußböden dieser Art, wo der Aufbau zweischichtig ist, besteht der hiesige Fußboden aus einer einzigen unpigmentierten Hochbrandgipsschicht, in die die Inkrustationen eingelegt wurden. Diese weiße Schicht ist etwa 5 cm stark. Für die Inkrustationen wurden die entsprechenden Formen in den erstarrten Gips der Hauptfläche eingeschnitten und ausgearbeitet. Diese Bereiche wurden mit andersfarbigen Gipsmassen ausgelegt. Jede weitere Farbe bzw. Form hat einen eigenen, derartigen Arbeitsschritt. Die Bereiche der Inkrustationen wurden durchschnittlich ca. 5mm tief ausgearbeitet. Die dünnen Linien der Binnenzeichnung und andere, sehr feine Details sind jedoch nur etwa 2 mm stark.

Bestand und Erhaltungszustand
Der Fußboden wies Hohlstellen, Risse, Höhenversprünge, Ausbrüche und lose Segmente auf. Partiell war die Oberfläche durch Abrieb stark reduziert oder die Inkrustationen nur noch als hauchdünne Schichten erhalten.Die Oberfläche war insgesamt stark verschmutzt und zerkratzt.

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Konservierung und Restaurierung
Der Fußboden erhielt eine schonende Reinigung. Alle weiteren restauratorischen Maßnahmen beliefen sich auf die dringend notwendigen Eingriffe in solchen Bereichen, in denen zeitnah weiterer Verlust drohte. Wir haben partiell gefestigt, Hohlstellen hinterfüllt, lose Inkrustationen und Fragmente refixiert sowie gefährdete Fehlstellen ergänzt. Bei der Ergänzung der Inkrustationen der Binnenflächen folgten wir werktechnisch dem Bestand, indem wir die Bereiche ausarbeiteten und mit den jeweiligen Gipsmassen einlegten. Die Farbigkeit stimmten wir mit Trockenpigmenten auf die historischen ab.

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Auftraggeber: Klosterkammer Hannover
Datierung: 1863